Cholin und Lebergesundheit
Ein entscheidender Faktor für den Stoffwechsel und zukünftige Behandlungsansätze
Lebererkrankungen sind weltweit auf dem Vormarsch. Rund 1,5 Milliarden Menschen sind betroffen und jedes Jahr sterben etwa 2 Millionen Menschen an den Folgen solcher Erkrankungen. Besonders alarmierend ist, dass auch Fettleibigkeit und Diabetes Typ II – von denen in Deutschland etwa 54 % bzw. 7 bis 8 % der Erwachsenen betroffen sind – das Risiko für Lebererkrankungen wie eine „Fettleber“ oder Leberkrebs erhöhen.
Aktuell gibt es leider keine zugelassenen Medikamente zur Behandlung einer „Fettleber“. Ein spannender Ansatz könnte aber die Wirkung von Cholin sein – ein wichtiger Nährstoff, der eine große Rolle für die Gesundheit der Leber spielen könnte. Auch wenn Cholin-Supplemente bisher nicht ausdrücklich empfohlen werden, steckt in diesem wichtigen Nährstoff großes Potenzial für die Forschung. Da Cholin vor allem in der Leber verarbeitet wird, könnte ein Mangel die Leber zusätzlich belasten und Schäden begünstigen.
Was ist Cholin?
Cholin wurde 1849 erstmals in tierischer Galle entdeckt und galt lange als Vitamin B4. Wie genau Cholin im Körper wirkt und wie viel davon im Körper vorhanden ist, ist noch nicht vollständig erforscht. Spannend ist auch, dass der persönliche Cholinbedarf noch unklar ist, da er von Aspekten wie Ernährung, Alter, Geschlecht und genetischen Faktoren abhängt.
Der Körper kann Cholin selbst herstellen, aber auch über die Nahrung aufnehmen. Ob die eigene Produktion immer ausreicht, ist unter Wissenschaftler*innen umstritten.
Die National Academy of Medicine in den USA hat Cholin bereits 1998 als lebensnotwendigen Nährstoff anerkannt. Seitdem gibt es Empfehlungen verschiedener Fachgesellschaften, wie viel Cholin täglich aufgenommen werden sollte. Diese basieren jedoch nur auf wissenschaftlichen Schätzungen und sind in der untenstehenden Abbildung zusammengefasst.
Zu beachten ist, dass eine übermäßige Cholinaufnahme von 7,5 g unerwünschte Nebenwirkungen wie einen fischartigen Körpergeruch, Magen-Darm-Beschwerden und niedrigen Blutdruck verursachen kann. Der sichere Grenzwert (Upper Level, UL) liegt laut Studien bei 3,5 g pro Tag.
In Deutschland gibt es bislang keine Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE).
Welche Lebensmittel enthalten Cholin?
Cholin kommt sowohl in tierischen als auch in pflanzlichen Lebensmitteln vor. Die unten gezeigten Abbildungen zeigen einige Beispiele für Lebensmittel, die besonders reich an Cholin sind. Auch Lecithin, ein häufig verwendeter Lebensmittelzusatzstoff, enthält Cholin. Aufgrund der meist geringen Verzehrmengen trägt Lecithin jedoch nur wenig zur Cholinversorgung bei.
1,5 hartgekochte Eier (ca. 90 g)
203, 13 mg Cholin
1 Portion Rinderleber (gekocht), ca. 150 g
646,5 mg Cholin
1,5 Portionen Sojabohnen (getrocknet), ca. 70 g
81,2 mg Cholin
1 Esslöffel Leinensamen (ca. 15 g)
11, 81 mg Cholin
Cholin: Ein essenzieller Baustein für die Lebergesundheit
Cholin ist unverzichtbar für viele lebenswichtige Prozesse im Körper. Es unterstützt den Fettstoffwechsel und -transport, fördert die Kommunikation im Nervensystem und trägt entscheidend zur Lebergesundheit bei. Der Cholinstoffwechsel ist jedoch auch von anderen Nährstoffen wie Aminosäuren und Vitaminen, insbesondere Methionin, Vitamin B12 und Folsäure abhängig. Ein Mangel an diesen wichtigen Nährstoffen kann die körpereigene Cholinproduktion negativ beeinflussen.
Nahrungsergänzungsmittel mit Cholin
Nahrungsergänzungsmittel mit Cholin, wie α-GPC, Citicolin (CDP-Cholin), Cholinbitartrat und Phosphatidylcholin (als Lecithin), bieten eine weitere Möglichkeit den individuellen Bedarf zu decken. Citicolin zeichnet sich durch gute Aufnahme und Verträglichkeit aus und ist seit 2013 in der EU für den Einsatz in Lebensmitteln mit einer maximalen Tageshöchstmenge von 500 mg, was etwa 92 mg Cholin entspricht, zugelassen. In Nahrungsergänzungsmitteln wird häufig Cholinbitartrat verwendet. Alle Cholinverbindungen haben jedoch eine ähnliche Wirkung und tragen gleichermaßen dazu bei, den Cholinspiegel im Blut zu erhöhen.
Warum ist Cholin so wichtig?
Ein gut funktionierender Cholinstoffwechsel hält die Leber gesund und kann helfen, Fettablagerungen zu vermeiden, die zu einer Fettleber führen können. Wenn der Körper jedoch nicht ausreichend Cholin zur Verfügung hat – sei es durch genetische Faktoren oder Nährstoffmangel – kann das empfindliche Gleichgewicht gestört werden, was das Risiko für verschiedene Lebererkrankungen erhöht.
Was sind typische Folgen?
- Entzündungen: Diese können Stress in den Leberzellen auslösen und langfristig die Leberfunktion beeinträchtigen.
- Gewebeschäden: Übermäßige Ablagerungen von Bindegewebe können zu Leberveränderungen (Leberfibrose) oder Leberzerstörung (Leberzirrhose) führen.
- Fettstoffwechselstörungen: Ein Cholinmangel erschwert den Abtransport von Fetten aus der Leber, was eine Ansammlung und das Risiko einer Fettleber erhöht.
Es wird davon ausgegangen, dass das weibliche Sexualhormon Östrogen die Cholinproduktion im Körper steigert. Auch die Darmflora spielt eine Rolle: Bestimmte Darmbakterien können bei zu hoher Cholinaufnahme eine Verbindung bilden, die im Verdacht steht, Leberschäden und Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu fördern. Ein gesunder Darm und funktionierende Nieren, die Überschüsse dieser Verbindung ausscheiden, sind daher wichtig.
Aktuell von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) zugelassene gesundheitsbezogene Angaben (Health Claims) für Cholin:
- Normaler Fettstoffwechsel: Cholin trägt zur Unterstützung eines normalen Fettstoffwechsels bei.
- Homocystein-Stoffwechsel: Cholin unterstützt den normalen Homocystein-Stoffwechsel.
- Leberfunktion: Cholin ist wichtig für die Aufrechterhaltung einer normalen Leberfunktion.
Hinweis: Diese gesundheitsbezogenen Angaben gelten nur, wenn das Lebensmittel mindestens 82,5 mg Cholin pro 100 Gramm oder Milliliter enthält.
Perspektiven für die Zukunft
Die Forschung zeigt, dass Cholin ein vielversprechender Ansatz sein könnte, um Lebererkrankungen vorzubeugen und zu behandeln. Während die aktuellen Therapien oft nur eingeschränkt wirken, arbeitet die Wissenschaft daran, bessere und individuellere Lösungen zu finden. Der aktuelle Fokus liegt dabei auf dem Cholinstoffwechsel. Zwar sind die bisherigen Ergebnisse noch begrenzt, aber mit neuen Erkenntnissen könnte Cholin eine große Rolle spielen.
Für detaillierte Informationen, weiterführende Inhalte sowie die zugehörige Literatur besuchen Sie bitte den NuT-Artikel für Fachleute über den folgenden Link: Cholin und Lebergesundheit: Schlüsselrolle im Stoffwechsel und Potenzial für zukünftige Therapien
Danksagung
Vielen Dank an die FH Münster, insbesondere Janina Dapprich, Prof. Dr. oec. troph. Anja Markant und Prof. Dr. rer. medic. Tobias Fischer, für die Erstellung dieses Artikels im Rahmen des Projektes “Nährstoffkompass”.
Hier geht es zum Artikel auf der Webseite der FH Münster: Cholin und Lebergesundheit | FH Münster